15 Nov, 2023

Untersuchungen in schwedischen Urwäldern (old growth forests)

Gebiete weisen hohe kulturelle Schutzwerte auf

Im Auftrag von FSC untersuchte Assurance Services International (ASI) FSC-zertifizierte Wälder, aus denen Holz gemäß dem FSC-Standard für Controlled Wood gewonnen wurde. Auslöser waren von Interessengruppen geäußerten Bedenken über das Vordringen der industriellen Forstwirtschaft in Schwedens alte Wälder mit hohem Naturschutzwert.

Über ihre jeweiligen Beschwerdesysteme erreichten FSC und ASI die Beobachtungen von Umweltschutzorganisationen, dass Holzeinschlag in Gebieten mit hohem kulturellen Schutzwert (HCV) vorgenommen worden seien. ASI und FSC vereinbarten deshalb im April 2023, eine Untersuchung einzuleiten.

Die wichtigsten Waldlebensräume in Schweden

Woodland Key Habitats (WKH) sind ausgewiesene Gebiete in der schwedischen Waldlandschaft, die besonders reich an biologischer Vielfalt sind. Der schwedische FSC-Standard für Waldbewirtschaftung (engl. National Forest Stewardship Standard (NFSS)) sieht ausdrücklich den Schutz von WKH vor, die Teil von FSC-zertifizierten Wäldern sind, da sie als Stellvertreter für Gebiete mit hohem Naturschutzwert gelten. Gemäß der zentralisierten nationalen Risikobewertung (CNRA) von FSC für Schweden müssen die Inhaber und Inhaberinnen von Zertifikaten für Controlled Wood im Rahmen der Standortplanung Bewertungen durchführen, um sicherzustellen, dass Holz aus WKH nicht in das FSC-System gelangt.

Die Ergebnisse der Untersuchung

Die Untersuchung von ASI ergab, dass die Bestimmungen des normativen Rahmens von FSC Schweden – NFSS und CNRA – zum Schutz von WKH nicht streng genug sind, um sicherzustellen, dass kein Holz aus diesen Gebieten entnommen und verarbeitet wird.

Für die Inhaber:innen von Waldbewirtschaftungszertifikaten sind die Anforderungen im NFSS zur Sicherstellung einer soliden Bewertung und Erhaltung von WKH nicht eindeutig. Sie lassen somit unterschiedliche Interpretationen hinsichtlich der anzuwendenden Methodik zur Bewertung des Naturwerts vor der Ernte zu. Zertifikatsinhaber*innen könnten deshalb weniger strenge Methoden für die Identifizierung von WKH anwenden als eigentlich erwünscht.

Die CNRA gibt keine Hinweise darauf, wie die Bewertungen des natürlichen Werts des Waldes vor der Ernte durchzuführen sind. Nach Ansicht von Umweltvertreter*innen sind die von den Zertifikatsinhaber*innen durchgeführten Bewertungen des Naturwerts vor der Ernte von Controlled Wood nicht streng genug.

Die Untersuchung zeigte auch, dass die Beschwerden zum Teil auf externe Faktoren zurückzuführen sind:

  • Der Verlust der Zuständigkeit der Landesforstverwaltung für die Beratung bei der Ausweisung und Stilllegung von WKH-Flächen im Privatwald.
  • Die Kürzung der öffentlichen Mittel zur Entschädigung von Waldbesitzern für die Ausweisung von WKH für den Naturschutz.
  • Das schwedische Gesetz schützt die Lebensräume der auf der roten Liste stehenden Arten nicht vollständig; daher wenden sich die Umweltakteure an die EU-Habitatrichtlinie als zusätzliches Argument für den Schutz von WKH.

Empfehlungen der ASI zur Verbesserung des FSC-Systems

ASI empfiehlt, den schwedischen FSC-Standard zu stärken, damit die Waldbewirtschaftungspraktiken strenger geprüft werden können. Es wird empfohlen, bei der nächsten Überarbeitung des schwedischen NFSS die Anforderungen an die Identifizierung und den Schutz von WKH und Gebieten, die reich an Arten der Roten Liste sind, zu verstärken.

Um sicherzustellen, dass Zertifikatsinhaber*innen den Kauf von Holz aus WKH zur Verwendung von Controlled Wood vermeiden, sollte der schwedische CNRA dahingehend geändert werden, dass die Bewertung des Erhaltungswertes vor der Ernte als obligatorische Kontrollmaßnahme für die Beschaffung von kontrolliertem Holz aufgenommen wird. FSC sollte ein System entwickeln, das die frühzeitige Identifizierung von WKH erleichtert.

Aufgrund des aktiven Engagements verschiedener Interessengruppen des Umweltsektors im schwedischen FSC-System würde die Beilegung von Streitigkeiten und Beschwerden von mehr Möglichkeiten zur Einbindung in Themen wie Abgrenzungspraktiken für WKH profitieren.

Die Untersuchung hat auch gezeigt, dass es notwendig ist, den Beschwerdemechanismus im FSC-System zu zentralisieren. Die Entwicklung eines zentralen Speichers für Beschwerden, die im gesamten System eingehen, würde es den verschiedenen am FSC-Zertifizierungssystem beteiligten Akteuren ermöglichen, die Behebung von Missständen und Beschwerden effizienter zu koordinieren.

Nächste Schritte

Als nächstes bewerten FSC International und FSC Schweden die Auswirkungen der Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen der ASI. Der Richtlinienausschuss von FSC Schweden wird die Empfehlungen zur Risikobewertung von Controlled Wood prüfen. Die Empfehlungen zum nationalen Waldbewirtschaftungsstandard für Schweden werden bei der für 2024 geplanten Revision berücksichtigt.

Schließlich wird eine Arbeitsgruppe gebildet, die Vorschläge zur Verbesserung der nationalen Umsetzung des FSC-Beschwerdesystems machen soll. Sie wird die Ergebnisse des Berichts als Hintergrundinformationen nutzen. Diese Arbeitsgruppe ist von der Vollversammlung von FSC Schweden im Mai 2023 beauftragt worden.

FSC ist der Ansicht, dass der Schutz der Integrität des Zertifizierungssystems einen ganzheitlichen Ansatz erfordert – sowohl aus geografischer Sicht als auch in Bezug auf die Instrumente, die zur Untersuchung möglicher Risiken eingesetzt werden. Diese Untersuchung ist ein solches Beispiel. In Zusammenarbeit mit ASI hat FSC eine Untersuchungsmethodik entwickelt, die die Komplexität der von den Interessengruppen in Schweden angesprochenen Probleme zu entschlüsseln und Empfehlungen für Verbesserungen des Zertifizierungssystems zu geben.

Diese Meldung basiert auf der Stellungnahme von FSC International. Das Original können Sie hier auf Englisch nachlesen.

Julia Springmann