27 Jan., 2025

Dem Schiffsbohrwurm ein Schnippchen schlagen

Küstenschutz mit FSC-zertifiziertem Tropenholz

Vor der Osteeküstengemeinde Prerow werden aktuell neue Buhnen gebaut und verlängert. Dabei wird auch FSC-zertifiziertes Tropenholz verwendet. Im Gegensatz zu heimischen Hölzern leistet es dem gefürchteten Schiffsbohrwurm Widerstand, der in der Vergangenheit bereits extreme Schäden im Schiff-, Steg- und Dammbau verursacht hat.

Schwere Arbeitsmaschinen im Sand, metallisches Hämmern begleitet von Motorenlärm und einem rauen Meereswind – entspannte Strandidylle herrscht an diesem Wintermorgen in Prerow nicht. Dafür aber geschäftiges Treiben rund um eine wichtige Aufgabe: dem Küstenschutz. Die Seebad-Gemeinde Prerow liegt an der Ostseeküste Deutschlands zwischen Rostock und Stralsund. Hier werden seit Oktober neun neue Buhnen gebaut sowie sechs bestehende verlängert. Buhnen sind seewärts gerichtete Querbauwerke, die in diesem Fall aus mehreren hölzernen in den Boden gerammten Einzelpfählen bestehen und in der Regel 40 bis 80 Meter ins Meer hineinragen. Das Besondere daran: die bis zu acht Meter langen Pfähle ab der Wasserlinie sind aus FSC-zertifiziertem Tropenhzolz. Genauer aus Eucalyptus Cloeziana. Ausgerechnet Tropenholz, fragen sich in der Regel viele, muss das sein? Kann nicht, wie im Strandbereich auch, heimisches Kiefernholz verwendet werden? „Aufgrund der Verbreitung des Schiffsbohrwurms Teredo navalis in der Ostsee mussten für die bisherigen Buhnen aus Kiefernholz Alternativen gefunden werden. Das befallene Holz wird so stark mit Bohrgängen durchsetzt, dass die Holzpfähle der Seegangsbelastung nicht mehr standhalten und brechen können,“ erklärt Dr. Ing. Frank Weichbrodt vom Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern. Tropenholz hält dieser Muschel-Art stand. Seit 1997 verwende man deswegen FSC-zertifiziertes tropischen Hartholz für den Bau von Buhnenseeteilen.

Standhaft: Holzpfähle halten bis zu 60 Jahre

Aufgrund der dynamischen Beanspruchungen der Buhnen sei Holz mit seinen elastischen Eigenschaften als Baustoff besonders gut geeignet, sagt Laura Jankowski vom Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg, das das Land Mecklenburg als Bauherr für den ca. 1.000 Meter langen Bauabschnitt vor Prerow vertritt. „Ohne den Befall des Schiffsbohrwurms können Buhnen erfahrungsgemäß eine Lebensdauer von über 60 Jahren erreichen“, so Jankowski. Bis die Pfähle jedoch erst zwei bis drei Meter tief im Meeresboden steckten bedarf es Erfahrung und Fingerspitzengefühl, um sie einerseits möglichst tief in den Boden zu bekommen aber gleichzeitig dabei nicht zu beschädigen. „Die Pfähle werden mittels Schlagrammung in den Untergrund eingebracht. Dabei werden von oben mit dem Bagger und der Rammglocke mehrere Schläge auf den Pfahl gegeben. Am Bagger befindet sich eine Art Zwischenlager für die als nächstes einzubauenden Pfähle. Die Beladung erfolgt mit dem Radlader. Mittels einer vorher befestigten Seilschlinge am Baggerarm wird dann der jeweilige Pfahl vom Zwischenlager zur gewünschten Einbauposition transportiert. Zur korrekten Ausrichtung der Buhnenpfähle wird schließlich eine Art Gurtung eingesetzt, die ein Ausweichen der Pfähle zur Seite vermeiden“, erklärt die Expertin.

Langfristiger Schutz in Zeiten des Klimawandels

Küstenschutz gewinnt für die Arbeit des Mecklenburgischen Umweltministeriums zunehmend an Bedeutung, denn Starkwettereignisse und Meeresspiegelanstieg als Folgen des Klimawandels machen sich auch an der Ostseeküste Deutschlands bemerkbar. Das dominierende Küstenschutzelement an der Außenküste von Mecklenburg-Vorpommern seien die Sturmflutschutzdünen, so Jankowski mit Verweis auf das Regelwerk Küstenschutz. Diese könnten ihre Schutzfunktion langfristig nur bei einem stabilem Küstenzustand erfüllen. Ein beschleunigter Meeresspiegelanstieg beschleunige jedoch auch den mittleren Küstenrückgang an Steil- und Flachküsten und das wiederum erfordere eine häufigere Instandsetzung der Sturmflutschutzdünen durch künstliche Aufspülung mariner Sande. Auch eine höhere Frequenz schwerer Sturmfluten könne den Küstenabtrag zusätzlich verstärken. Deswegen seien Buhnen so wichtig, wie die Expertin sagt: „Buhnen schränken den küstennahen, uferparallelen Sedimenttransport ein und verlängern die Verweilzeit des Sandes und helfen somit dabei, den Abstand zwischen zwei Aufspülungen zu vergrößern.“ Langfristig standhafte Buhnen sind somit auch eine wichtige Antwort auf künftige Wetterszenarien.

Holzeinsatz nur mit Nachhaltigkeitsnachweis

Dass dabei FSC-zertifiziertes Holz verwendet wird, ist Grundlage des gemeinsamen Erlasses zur Beschaffung von Holzprodukten der Bundesregierung. Er fordert bei allen zu vergebenden Aufträgen, bei denen der Materialwert der eingesetzten Holzprodukte mindestens 2.000 Euro ohne Umsatzsteuer beträgt, einen entsprechenden Nachhaltigkeitsnachweis. Das Umweltministerium schreibt dazu: „Die Verwendung von FSC-zertifiziertem Holz leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung und unterstützt eine verantwortungsbewusste Rohstoffnutzung im Einklang mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung.“

 

Hintergrund: FSC-zertifiziertes Tropenholz – Nutzen um zu schützen

Hölzer, die aus den tropischen und subtropischen Wäldern stammen, sind vielfach langlebiger als heimische Holzarten und werden oft in die beste Dauerhaftigkeitsklasse „sehr dauerhaft“ eingestuft. Sie sind sehr stabil, schrumpfen oder dehnen sich weniger als andere Hölzer. Die zahlreichen positiven Eigenschaften können aber nichts gegen das oft schlechte Image von Tropenholz im öffentlichen Diskurs tun. In den 1990er Jahren riefen NGOs dazu auf, Tropenhölzer zu boykottieren, damit die illegale Abholzung der Regenwälder gestoppt wird. Doch das trug nicht zur Rettung der Wälder bei. „Die Vernichtung des Regenwaldes ist nicht darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerung das Holz unbedingt braucht und ernten will, sondern dass sie die Fläche für Landwirtschaft nutzen möchte“, erklärt Philip Jaeger, einer der Gründer von Betterwood, einem FSC-zertifizierten Tropenholzhandel aus Berlin. FSC-zertifiziertes Tropenholz stammt aus Betrieben, die in den Herkunftsländern vorbildlich arbeiten und die den Menschen eine Perspektive geben von und mit dem Wald zu leben. Damit leistet FSC-zertifiziertes Tropenholz einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung des Ökosystems Wald. Ein genereller Tropenholzboykott ist aus Sicht von FSC nicht sinnvoll, sondern fördert nur die Waldvernichtung durch Umwandlung sowie kriminelle Machenschaften. Die Nachfrage, also die Verwendung des Holzes, schützt den Wald vor der Verdrängung durch die Landwirtschaft.

Weiterlesen auf der FSC-Internetseite:
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Annika Burger