21 Okt., 2025

Vor Ort stark, bundesweit wirksam

Freiburgs Engagement für nachhaltige Wälder

Freiburg ist eine Stadt der Vielfalt: urbanes Leben in der Innenstadt, weite Naturflächen am Stadtrand, dazwischen Weinberge, Wälder und Seen. Hier treffen ganz unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander: Erholung, Naturschutz, Klimaschutz und wirtschaftliche Nutzung. Freiburg sucht dafür nicht nur Kompromisse, sondern setzt auf Beteiligung – auch im Freiburger Stadtwald. Bürgerinnen und Bürger werden einbezogen, informiert und in Entscheidungen rund um den Stadtwald mitgenommen. Die FSC-Zertifizierung trägt das Ganze und bestätigt: Der Freiburger Stadtwald wird auf vorbildliche Weise bewirtschaftet, ökologisch, sozial und wirtschaftlich ausgewogen – und das schon seit über 25 Jahren.Dieses Engagement des Freiburger Stadtwaldes würdigte Elmar Seizinger, Leiter des Waldbereichs von FSC Deutschland, gebührend und überreichte eine Ehrenurkunde an Bürgermeisterin Christine Buchheit.

Naturnahe Waldwirtschaft im Wandel

In einer anschließenden Exkursion konnten Teilnehmende erleben, wie naturnahe Waldwirtschaft in Freiburg konkret aussieht. An vier Stationen erklärten der stellvertretende Leiter des Freiburger Forstamtes, Berno Menzinger, und Markus Müller, Leiter des Waldhauses und Revierleiter in Opfingen, welche Entwicklungen sich im Opfinger Wald zeigen – von Flächen, die seit 25 Jahren ungenutzt bleiben, bis hin zu Bereichen, in denen gezielt junge Zukunftsbäume gefördert werden. In einem nutzungsfreien Waldstück wurde deutlich, welche Dynamik entsteht, wenn der Mensch bewusst nicht eingreift: Mit den steigenden Totholzmengen und dem Erhalt strukturreicher Altbäume bleiben wertvolle Lebensräume für Spechte und Fledermäuse erhalten. Gleichzeitig können sich Arten, die mehr Licht brauchen wie z.B. die Eiche im dichten Wald nicht verjüngen. Mittelfristig kommt es dadurch in dem in den letzten Jahrhunderten als Eichen-Mittelwald bewirtschafteten Waldstück zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung. „Der FSC-Standard fordert für öffentliche Wälder ab 1.000 Hektar, dass mindestens fünf Prozent der Fläche als Naturwaldentwicklungszellen aus der Bewirtschaftung genommen werden und im Gesamtwald 10 Habitatbäume pro Hektar gesichert werden. Diese Anforderungen bilden gemeinsam mit aktiver Habitatförderung eine wichtige Grundlage für den Erhalt der Artenvielfalt.“, erklärte Berno Menzinger.

Vielfalt als Grundlage für Stabilität

Mit Blick auf den Klimawandel sagte Markus Müller: „Wir setzen auch im Wald auf Vielfalt von Baumarten, Strukturen, Lebensräumen. Je breiter wir uns aufstellen, desto besser können wir den Herausforderungen begegnen“. Auf einer Durchforstungsfläche, also einer Fläche, auf der Bäume gezielt gefällt werden, um den Bestand zu pflegen, zeigte er, wie neben Ahorn, Eiche und Linde auch Erle und Traubenkirsche gezielt gefördert werden. Der großflächige Ausfall der Eschen in den letzten Jahren mache es notwendig, mit neuen Arten und Mischungen zu experimentieren. Laut FSC-Standard dürfen hier neben heimischen Baumarten maximal 20 % fremdländische Baumarten eingesetzt werden.

Ein weiteres zentrales Thema im Freiburger Stadtwald ist die Jagd: Ohne sie geht die Baumartenvielfalt verloren, da sich die Bäume vor Ort aufgrund der Verbisses, v.a. durch Rehe, nicht natürlich fortpflanzen können. In Freiburg wird dies durch eine Kombination aus der sogenannten Regiejagd (d.h. Jagd ist organisiert durch die Stadt Freiburg) und Jagdpächtern sichergestellt. Die Jagd sei ein sehr emotionales Thema – aber absolut notwendig, um den Freiburger Wald klimastabil zu erhalten, so Berno Menzinger.

Besonders hervorgehoben wurde die gute Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort. „Wir haben hier in Opfingen ein gutes Verhältnis zueinander“, betonte Markus Müller. Erwin Wagner, stellvertretende Ortsvorsteher Opfingen, ergänzte: „Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück. Natürlich gibt es auch mal unterschiedliche Meinungen, aber wir finden immer eine Lösung – und am Ende profitiert der Wald.“

So zeigt Freiburg, dass Waldwirtschaft mehr ist als Holzernte: Es geht um den Ausgleich unterschiedlicher Interessen, um Klimaschutz, Artenvielfalt und die Einbindung der Menschen vor Ort. Damit prägt die Stadt nicht nur ihren eigenen Wald, sondern sendet auch ein wichtiges Signal für nachhaltiges Waldmanagement in ganz Deutschland.

Text: Julia Bouwer, FSC Deutschland

Annika Burger