31 Jan., 2025

Grüne Mode aus dem Wald: Holzbasierte Fasern als nachhaltige Alternative

FSC-zertifizierte Modelabels wie Mey oder Masai Copenhagen machen es vor

Die Modewelt blickt gespannt auf die anstehende Berlin Fashion Week, die bis zum 3. Februar 2025 stattfindet. Während jedoch Designer und Designerinnen neue Kollektionen präsentieren und Trends für den nächsten Herbst und Winter setzen, werden abseits des Rampenlichts die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Modeindustrie immer gravierender. Besonders die schnell und günstig produzierte „Fast Fashion“, die stets darauf ausgerichtet ist, mit den aktuellen Trends zu gehen, trägt erheblich zur Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung bei.

In Deutschland beträgt der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von Kleidung derzeit rund 18 Kilogramm, so das Öko-Institut. Gleichzeitig wurden 2023 etwa 175.000 Tonnen Textil- und Bekleidungsabfälle gesammelt – ein Anstieg von 55 Prozent im Vergleich zu vor 10 Jahren.

Parallel dazu ist die Textilindustrie, zusammen mit der Schuhbranche, für 10 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich – mehr als der gesamte Luft- und Schiffsverkehr zusammen. Zudem verbraucht laut EU die Herstellung von Kleidung enorme Mengen an Wasser: Ein einziges Baumwoll-T-Shirt benötigt etwa 2.700 Liter Süßwasser – so viel trinkt eine Person etwa in zweieinhalb Jahren. Ein weiteres Problem sind synthetische Fasern wie Polyester: Beim Waschen setzen sie winzige Plastikpartikel frei und gelangen in die Umwelt. Dadurch verursacht allein die Modeindustrie zwischen 16 und 35 Prozent der Mikroplastikbelastung in den Meeren, sagt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Neben der Umweltbelastung gibt es auch massive soziale Missstände: Viele Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter in Niedriglohnländern müssen unter schlechten Arbeitsbedingungen für extrem niedrige Löhne arbeiten. Der ständige Kreislauf aus Überproduktion, Ausbeutung und Verschwendung schadet sowohl den Menschen als auch dem Planeten.

Was sind holzbasierte Fasern?

Doch es gibt Lösungsansätze: Immer mehr Modemarken setzen auf nachhaltige Materialien und Alternativen zu synthetischen Stoffen, darunter holzbasierte Fasern wie Lyocell, Modal und Viskose. Diese Fasern bestehen aus Zellulose, die aus Holz herausgelöst wird. Vereinfacht gesagt, werden Holzspäne gekocht, bis eine sirupartige Masse entsteht, aus der aufbereitet schließlich feine Fäden gesponnen werden.

Bei diesem Verfahren werden weniger Wasser, Chemikalien und Strom verbraucht als bei der Herstellung anderer Fasertypen. Daher haben holzbasierte Fasern nicht nur einen geringeren ökologischen Fußabdruck als erdölbasierte, sondern sind im Gegensatz zu Polyester oder Nylon auch noch biologisch abbaubar und hinterlassen keine Mikroplastikrückstände beim Waschen.

Besonders nachhaltig ist Lyocell: Laut der Lenzing AG, einem österreichischen FSC-zertifizierten Faserhersteller, kann das Lösungsmittel im Produktionsprozess zu 99 Prozent wiederverwendet werden. Dadurch entsteht ein nahezu geschlossener Kreislauf, der Abfälle minimiert. Neben seiner Umweltfreundlichkeit überzeugt Lyocell darüber hinaus auch durch hohen Tragekomfort: Die glatte Faserstruktur fühlt sich angenehm auf der Haut an, während die gute Feuchtigkeitsregulierung das Wachstum von Bakterien hemmt. Somit bleibt Kleidung länger frisch und muss seltener gewaschen werden.

Was macht FSC-zertifizierte Fasern so besonders?

So viele Vorteile holzbasierte Fasern auch bieten – wirklich nachhaltig sind sie nur, wenn das Holz aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern stammt. Hier spielt das FSC-Kennzeichen eine entscheidende Rolle: FSC-zertifizierte Wälder werden so bewirtschaftet, dass die Artenvielfalt erhalten bleibt, Arbeitsbedingungen fair sind und die Rechte indigener Gemeinschaften respektiert werden.

Für die Modeindustrie bedeutet das: Wer auf FSC-zertifizierte Fasern setzt, hilft, Raubbau an den Wäldern zu verhindern und unterstützt eine nachhaltigere Produktion. Einige Marken gehen bereits mit gutem Beispiel voran. Das Unternehmen Mey war 2020 der erste Anbieter in Deutschland, der FSC-zertifizierte Textilien auf den Markt brachte. Auch die dänische Marke Masai Copenhagen setzt seit 2020 auf holzbasierte Fasern in ihren Kollektionen. Im Oktober 2024 präsentierte die Designerin Vickie Au in Hongkong mit ihrem „V Visionary Design Studio“ die erste FSC-zertifizierte Capsule-Kollektion.

Der Fashion Forever Green Pact: Ein globaler Schritt für mehr Nachhaltigkeit

Marken, die FSC-zertifizierte holzbasierte Materialien nutzen, tragen also dazu bei, die Umweltauswirkungen der Modeindustrie zu verringern. Um diese nachhaltigen Fasern weiter zu etablieren, hat FSC den Fashion Forever Green Pact ins Leben gerufen. Diese Initiative möchte Marken und Hersteller dazu ermutigen, ihre Lieferketten transparenter zu gestalten und verstärkt auf zertifizierte Materialien zu setzen. Das Ziel: Verbraucherinnen und Verbrauchern eine klare Orientierung bei nachhaltiger Mode bieten und gleichzeitig den weltweiten Waldschutz stärken.

Holzbasierte Fasern können hierbei eine große Rolle spielen, denn sie gehören zu den wenigen nachhaltigen Alternativen, die sowohl umweltfreundlich als auch qualitativ hochwertig sind. Sie vereinen die funktionalen und ästhetischen Eigenschaften synthetischer Stoffe mit einer deutlich besseren Ökobilanz. Neue Technologien helfen zudem, den Ressourcenverbrauch weiter zu senken – etwa durch die Verarbeitung von Holzabfällen oder die Nutzung von Reststoffen aus der Holzindustrie.

FSC-Zertifizierung als Orientierungshilfe beim Kauf

Die Modebranche bewegt sich also bereits in Richtung mehr Nachhaltigkeit, und: auch die Verbraucherseite achtet beim Kauf immer mehr auf umweltfreundliche und fair produzierte Kleidung. Eine GfK-Umfrage aus dem Jahr 2022 ergab, dass 69 Prozent der Befragten Nachhaltigkeit beim Kauf von Bekleidung und Schuhen für wichtig halten. Nachhaltige Mode wird zunehmend als Ausdruck eines bewussten Lebensstils gesehen.

Doch viele Verbraucherinnen und Verbraucher sind unsicher, woran sie tatsächlich nachhaltige Kleidung erkennen können. Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov zeigt, dass es oft an Orientierung fehlt. Hier kann der Hinweis auf eine FSC-Zertifizierung den entscheidenden Impuls geben.

Das steigende Interesse an nachhaltiger Mode beweist: Ein Wandel ist möglich – und er wird immer mehr gefordert. Unternehmen und Designerinnen haben die Chance, diesen Fortschritt mitzugestalten – Schritt für Schritt, Kleidungsstück für Kleidungsstück, Kollektion für Kollektion.

 

Weiterführende Informationen:

>> zur Erhebung der Bekleidungs- und Textilabfälle im Jahr 2023 in Deutschland: Statistisches Bundesamt Deutschland

>> zu den Auswirkungen der Textilproduktion: Verbraucherzentrale NRW

>> zu den sozialen und ökologischen Herausforderungen der globalen Textilwirtschaft: Deutsches Institut für Entwicklungspolitik

Franziska Becker