Autor: FSC Deutschland | 28.01.2022

Ein Botschafter: Der Einsiedlerkäfer

Der Einsiedlerkäfer steht auf der Roten Liste der Internationalen Union zur Erhaltung der Natur (IUCN) steht und gilt in der EU als prioritäre Art. Er ist aber auch ein wichtiger Indikator für Biodiversität.

Inmitten eines litauischen Waldes steht die Heilige Daubų-Eiche. Sonnenstrahlen dringen durch ihr Blätterdach und spielen auf einer Lichtung darunter. „Diese Eiche ist über 300 Jahre alt, 28 Meter hoch und vom Staat als Naturerbe geschützt“, sagt Alvydas Gintaras. Er und seine Kollegen Adelė Banelienė, Daiva Letukaitė und Dalia Bastytė-Cseh sind Forscher des Lithuanian Fund for Nature (auf Litauisch „LGF“ abgekürzt). Sie pflegen alte Bäume und schützen viele Arten, die auf sie angewiesen sind. Eine dieser Arten, der Einsiedlerkäfer (Osmoderma eremita), kommt hier im Neris-Regionalpark vor.

Der Park ist seit 2004 FSC-zertifiziert und bietet auf 10 000 Hektar einzigartige Landschaften und ein Refugium für bedrohte Arten wie den Einsiedlerkäfer. Dieser Käfer, der auf der Roten Liste der Internationalen Union zur Erhaltung der Natur (IUCN) steht und in der EU als prioritäre Art gilt, ist anspruchsvolle in seinen Bedingungen. Er lebt nur in sonnigen Höhlen alter Laubbäume, ähnlich der Heiligen Eiche. Mikrohabitate wie dieses, sind der Schlüssel für viele gefährdete- aber auch wenig erforschte Arten. „Sie sind einfach zu spezialisiert, um sich an andere Bedingungen anzupassen“, erklärt Alvydas.

„Wo immer wir Einsiedlerkäfer finden, wissen wir, dass dort wahrscheinlich auch unzählige andere Arten leben“, sagt Dalia, Ökologin bei LGF. „Deshalb ist der Einsiedlerkäfer auch als Schirmart bekannt.“ Dalia ist die Projektleiterin des Ökologischen Netzwerks für Osmoderma eremita“ und andere Arten, die auf alte Bäume angewiesen sind. „Wir haben den Einsiedlerkäfer als Botschafter für unser Projekt ausgewählt. Ihn zu schützen bedeutet, auch andere Arten zu schützen“, erklärt sie.

In Zusammenarbeit mit der Universität Daugavpils (Lettland) und dem Zoologischen Garten Litauens arbeitet Dalias Team daran, Einsiedlerkäferpopulationen in ihren historischen Lebensräumen wieder anzusiedeln. „Wir erhalten alte Bäume nicht nur um einzelner Arten willen, sondern auch um der Menschen willen. Viele Einheimische fühlen sich von alten Eichen angezogen. Um ehrlich zu sein, macht mir unsere Arbeit besonders viel Spaß, weil wir alten Bäumen helfen, länger zu leben“, sagt Dalia.

In den letzten fünf Jahren hat Dalias Team alte Bäume in ausgewählten Gebieten im ganzen Land inventarisiert und bewertet, allein 308 Bäume im Regionalpark Neris. Viele Bäume wurden bereits gepflegt und ihre Lebensräume verbessert. Die Heilige Daubų-Eiche ist einer von ihnen. Ihr Stamm wurde gestärkt, Wunden behandelt und die Umgebung aufgehellt, um den Bedürfnissen des Einsiedlerkäfers gerecht zu werden. „Wir lichten das Gestrüpp in der Nähe der alten Bäume, damit die Käfer mehr Sonnenlicht bekommen“, erklärt Alvydas.

Das Team hat auch einige spezielle Nistkästen für den Käfer im nahe gelegenen Regionalpark Verkiai angebracht. Die Nistkästen sind einzigartig in ihrer Struktur und beherbergen viele Arten auf einmal und wurden bereits erfolgreich vom Einsiedlerkäfer besiedelt. „Die Larven werden von unserem Partner, dem Litauischen Zoologischen Garten, gezüchtet“, fügt Dalia hinzu.

Wird dies ausreichen, um die Art zu retten?
„Unser Projekt umfasst ein vergleichsweise kleines Gebiet zwischen Kaunas und Vilnius. In diesem Gebiet nimmt die Population des Einsiedlerkäfers zu. Aber was im Rest des Landes passieren wird, ist eine andere Frage“, schlussfolgert Dalia Bastytė-Cseh sind Forscherin des Lithuanian Fund for Nature.

Wie andere FSC-zertifizierte Wälder in Litauen wird auch der Regionalpark Neris ein Zufluchtsort für den Einsiedlerkäfer bleiben. Hier werden im Einklang mit den Grundsätzen des Umwelt- und Naturschutzes alte hohle Bäume und ihre Mikrohabitate geschützt. Der überarbeitete nationale FSC-Standard in Litauen verbessert die Situation weiter. Mit dem seit 01. Januar 2021 gültigen Regelwerk werden sich die geschützten Bereiche, wie z. B. die Lebensräume gefährdeter Arten, auf mindestens 10% jeder FSC-zertifizierten Waldbewirtschaftungsfläche verdoppeln. Dies bedeutet, dass mehr Wald geschützt und gleichzeitig die Lebensräume aller Arten, die von Wald abhängig sind, erhalten werden.