Deutschland | 2025
Der geduldige Beobachter
Christians Mission für einen klimaresistenten Wald
Der Eltmann‘sche Wald, in Unterfranken nahe des Mains gelegen, erstreckt sich über 1.126 Hektar und ist ein Paradies für Wanderer und Wildtiere gleichermaßen. Es gibt Wasser- und Naturschutzgebiete und der Großteil des Waldes liegt im Natura 2000 Gebiet „Buchenwälder und Wiesentäler des Nordsteigerwaldes“, mit FFH und SPA- Gebiet. Christian Bartsch, Förster der Stadt Eltmann und Betriebsleiter des städtischen Forstamtes, überwacht dieses reichhaltige Ökosystem. In Begleitung seiner Hündin Alpha verbringt er seine Tage u.a. damit, den Wald zu begehen, seine vielen Veränderungen zu beobachten und dafür zu sorgen, dass er gesund und langlebig bleibt.
„Während meinem Wehrdienst bei der Bundeswehr habe ich viel Zeit im Wald verbracht – und gemerkt, wie gerne ich dort bin. Im Wald kann ich etwas bewirken. Ich kann etwas verändern, ich kann die Leute begeistern und ich kann etwas für die Allgemeinheit tun.“
Seit 2005 ist Christian nun Förster. In den letzten zwei Jahrzehnten hat er die Zukunft des Waldes in Eltmann mitgestaltet und versucht, andere zu inspirieren und einen nachhaltigen Einfluss auf seine Gemeinde auszuüben. In seiner Funktion trägt er Verantwortung für die verschiedensten Bereiche: Er kümmert sich um den Naturschutz, sorgt für eine nachhaltige Holzernte, überwacht die Finanzen und klärt die Öffentlichkeit über die Bedeutung einer verantwortungsvollen Waldwirtschaft auf. Die Bedürfnisse der dabei involvierten Stakeholder und ihre einhergehenden durchaus unterschiedlichen Ansprüche an die Leistungen des Waldes miteinander zu vereinen, kann mitunter zur Herausforderung werden.
Anpassung an einen Wald im Wandel
Der Wald entwickelt sich ständig weiter und stellt uns vor Herausforderungen wie den Klimawandel und die Notwendigkeit, Naturschutz, Erholung und Wirtschaft in Einklang zu bringen. Anpflanzungen aus vergangenen Jahrzehnten, wie etwa Fichtenbestände, halten den heutigen Klimabedingungen wie immer häufiger auftretende Dürren und Stürmen nicht mehr Stand. Um die ökologische Widerstandsfähigkeit wiederherzustellen, konzentriert sich Christian darauf, einen gesunden Mischwald wachsen zu lassen. Das entspricht auch den Zielen der FSC-Zertifizierung einer verantwortungsvollen Waldwirtschaft und stabiler Waldökosysteme.
Christians Arbeit beinhaltet dabei auch eine sorgfältige Planung, die sicherstellt, dass alle Arten das Licht, den Raum und die Ressourcen erhalten, die sie zum Gedeihen benötigen. Dieser Prozess braucht Zeit, Beobachtung und ein tiefes Verständnis dafür, wie sich der Wald als Reaktion auf menschliche Eingriffe und natürliche Veränderungen entwickelt.
Geduld ist somit der Kern von Christians Ansatz. Seine Aufgabe erfordert, dass er sich zurücknimmt und den Wald beobachtet – damit er sich in seinem eigenen Tempo entwickeln kann. Im Gegensatz zu anderen Branchen, in denen sofortige Ergebnisse erwartet werden, erfordert Christians Arbeit langfristiges, generationenübergreifendes Denken.
„Ich beobachte, wie die Bäume und Pflanzen auf die Klimaveränderung reagieren, wie das Ökosystem reagiert, wenn ich etwas ändere, wenn ich versuche, die Baumartenwahl zu optimieren. Das braucht viel Zeit und kann nicht von heute auf morgen passieren. Das Beobachten ist meine Leidenschaft. Aber: unter Umständen merke ich erst nach zehn Jahren, ob sich etwas verändert hat.“
Die heimlichen Helden: Totholz und Biotopbäume
Christian betont in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung von Totholz und Biotopbäumen, die eine wesentliche Rolle bei der Erhaltung eines widerstandsfähigen Waldes spielen. Totholz speichert Feuchtigkeit und verhindert Verdunstung – eine Funktion, die angesichts zunehmend heißer und trockener Witterungsbedingungen im gesamten Jahresverlauf immer wichtiger wird. Darauf wachsenden Moose und Pilze und vielzählige dort lebende Organismen leisten einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und einem gesunden Ökosystem bei.
Auch die von Christian und seinem Team angelegten Biotopteiche sind nicht nur Wasserreservoirs, sondern auch wichtige Lebensräume für Feuersalamander, Amphibien und Kammmolche.
Ein Wald, der etwas zurückgibt
Der Wald von Eltmann ist nicht nur ein Schutzgebiet für Wildtiere, sondern auch eine lebenswichtige Ressource für die Bewohner des Ortes. Jedes Jahr fließen bis zu 100.000 Kubikmeter Trinkwasser aus der natürlichen Quelle des Waldes in das Wassernetz der Stadt. Außerdem liefert der Wald nachhaltige Energie, denn das Restholz wird zur Erzeugung von Strom und Wärme für ein ganzes Wohngebiet und ein Schwimmbad genutzt. Christians Bemühungen um die Schaffung eines klimaresistenten Waldes erstrecken sich auch auf die Förderung der Fauna. Er hofft, dass der Wald bald einen sehr seltenen Besucher anziehen wird, den Schwarzstorch. Gemeinsam mit seinem Team hat Christian Nisthilfen angebracht, in der Hoffnung, den Störchen einen sicheren Ort für die Gründung einer Familie bieten zu können.
Eine Vision für die Zukunft
Christians langfristige Vision für den Wald beruht weiterhin auf Geduld und Beobachtung: „Wir können nicht erwarten, dass wir alles, was durch den Klimawandel verursacht wird, über Nacht in Ordnung bringen. So funktioniert das nicht“, sagt er und betont, wie wichtig es ist, den natürlichen Kreislauf zu respektieren.
Die FSC-Zertifizierung unterstützt seine Arbeit, indem sie sicherstellt, dass seine Methoden mit den globalen Standards für verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung übereinstimmen – aber es sind seine Geduld, sein Verständnis und sein Wissen über die natürliche Umwelt, die seine täglichen Entscheidungen leiten. Er hofft, dass sich der Wald mit der Zeit zu dem klimaresistenten, vielfältigen Ökosystem entwickelt, das er sich vorstellt.
Dieser Artikel basiert auf der Story von FSC International „The Patient Watcher“
