11 Dez., 2024

„Wir hoffen auf die Strahlkraft von FSC“

Einstündige Informationsrunde zum ergänzten FSC-Standard für Nicht-Holz-Waldprodukte

Drei Referent:innen, ein Moderator und ein interessiertes Auditorium – während der einstündigen Online-Veranstaltung „FSC im Gespräch“ drehte sich diesmal alles um FSC-Weihnachtsbäume sowie andere sogenannte Nicht-Holz-Waldprodukte. Der entsprechende neue Anhang III des FSC-Waldstandards wurde dafür nicht nur näher beleuchtet, sondern auch kritisch hinterfragt. Praxiserfahrungen teilte ein zertifizierter Betrieb und auch die Auditoren-Sicht kam zur Sprache.

„Wir wollten gerne FSC-zertifizierte Weihnachtsbäume verkaufen. Als sogenannte Nicht-Holz-Waldprodukte waren sie damals aber im Standard nicht enthalten“, erinnerte Fritz Speer aus dem Umweltministerium Rheinland-Pfalz den Anfängen eines Prozesses, der 2016 zunächst im Interim FSC-Standard für Weihnachtsbäume, Schmuckreisig und andere Nichtholzwaldprodukte in Deutschland mündete. Geschrieben wurde er von der Zertifizierungsstelle GFA Certification GmbH, während der Online-Veranstaltung vertreten durch Director of Forestry and Lands, André Conrad. Für ihn und seine Kollegen ist deswegen der neue Anhang III des FSC-Standards, der die Interim-Fassung ablöst, sich aber stark an ihr orientiert, bereits vertraut. Spezifische Anforderungen während des Audits wie das Ziehen von Nadelproben seien kein Neuland mehr. „Mitunter ist spezielles Baumschulwissen gefragt“, so Conrad. Dazu gehöre auch die Expertise um den Einsatz der erlaubten Insektizide – z.B. von Neem-Präparaten als ökologisches Mittel, um Läusebefall entgegenzuwirken.

Den Wald nicht zum Acker machen

Hier meldete sich Jana Ballenthien, Fachreferentin Wald bei Robin Wood als dritte im Bunde der geladenen Referent:innen kritisch zu Wort. Robin Wood widmet sich seit über 25 Jahren dem Ziel, mehr ökologische statt konventionelle Weihnachtsbäume in die Wohnzimmer Deutschlands zu bringen. So verwies Ballenthien darauf, dass Neem, wenn auch ein natürliches Insektizid, nachweislich Schäden in Ökosystemen anrichten könne. Sie bemängelte deswegen den im FSC-Standard definierten und aus ihrer Sicht zu geringen Abstand von Weihnachtsbaumplantagen zu Gewässern. Neem sei zwar auch bei anderen Ökolabeln für Weihnachtsbäume erlaubt, aber der große Unterschied sei, dass es sich bei FSC-Flächen um intakte, mitunter fragile Waldökosysteme handele, in denen die künftigen Weihnachtsbäume wachsen, nicht um landwirtschaftliche Flächen. „Wir holen Acker in den Wald, das kann zum Problem werden“, konstatierte die Expertin für umweltgerechte Waldwirtschaft. Die Auflagen speziell des FSC Standards für Weihnachtsbäume müssten deswegen, aus Sicht der Umweltschützer:innen bei Robin Wood, eigentlich noch viel strenger sein als solche anderer ökologischer Weihnachtsbaumsiegel.

Lösung für alle Kalamitätsflächen?

„Weihnachtsbäume können und sollen keinen Wald ersetzen“, betonte FSC-Moderator Elmar Seizinger und beantwortete damit die besorgte Frage Ballenthiens. Der Leiter Wald bei FSC Deutschland zitierte dafür bekräftigend Indikator 6.8.1 des FSC Waldstandards: „Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen nehmen nicht mehr als 5% der Holzbodenfläche ein. Einzelflächen sind max. 5 ha groß und es werden jährlich maximal 0,5% der Holzbodenfläche umgewandelt/überführt.“ Fritz Speer ergänzte aus seinen Erfahrungen im Staatswald, dass die Sorge eines Überhandnehmens von Weihnachtsbaumpflanzungen unbegründet sei, in Rheinland-Pfalz seien es immer kleine Flächen geblieben, „wir verdienen damit nichts“.

FSC-Weihnachtsbaum: Kommunikationsinstrument für die Öffentlichkeit

Was aber sind dann die Beweggründe für ein Interesse an der FSC-Weihnachtsbaumzertifizierung? „Der Verkauf von Weihnachtsbäumen ist eine gute Möglichkeit der Außenwirkung“ sagte Speer. Man komme mit den Menschen vor Ort in Kontakt und könne sie für FSC und generell Nachhaltigkeitsbelange sensibilisieren. Dass das Interesse auch von Seiten der Konsumentinnen und Konsumenten besteht, bestätigen die Zahlen aus Rheinland-Pfalz. 2023 seien 3.000 zertifizierte FSC-Weihnachtsbäume aus dem Staatswald verkauft worden. Speer ergänzte: „Wir möchten Vorreiter sein und ein Vorbild für andere“, Kommunalwälder könnten weitere interessante Anbieter von FSC-Weihnachtsbäumen sein. André Conrad klärte zu diesem Thema auf, dass das Interesse zwar durchaus bestehe, aber je nach Bundesland vom Landesgesetz unterbunden werde. Nicht immer seien Weihnachtsbaumkulturen als Waldfläche definiert, in diesen Fällen falle zumindest FSC als Möglichkeit der Weihnachtsbaumzertifizierung raus. Von Seiten Robin Woods kam die Anregung eines Austauschs unter Gleichgesinnten. Interessierte, für die die FSC-Weihnachtsbaumzertifizierung eine Option sei, sollten sich an jene wenden, die es bereits machten. Die Branche sei eine gute Gemeinschaft, die sich gegenseitig unterstütze und Wissen weitergebe. Der Anteil der Öko-Weihnachtsbäume liege nach wie vor unter einem Prozent, das müsse sich ändern und beim konventionellen Weihnachtsbaumverkauf ein Umdenken stattfinden: „Hier hoffen wir von Robin Wood nun auf die Strahlkraft von FSC.“

Zukunftschancen für Wildbret und Honig gemäß FSC

Doch der FSC-Standard definiert auch weitere Nicht-Holzwaldprodukte, zum Beispiel FSC-Honig oder FSC-Wildbret. Letzteres soll künftig in Rheinland-Pfalz in Angriff genommen werden, Honig sei bisher kein Thema, so Speer. Hier bedürfe es noch der Sensibilisierung bestätigte Elmar Seizinger. Denn eigentlich seien die Auflagen für FSC-zertifizierten Honig nicht hoch, entscheidend sei die Aufstellung der Bienenstöcke im FSC-zertifizierten Wald (mindestens im Abstand von 3 km zur Waldgrenze oder anderen Grundbesitzern) und natürlich eine entsprechend nachhaltige Haltung der Bienen, inklusive der Varoa-Milbenbehandlung mit ausschließlich natürlich vorkommenden Substanzen wie Ameisensäure oder Menthol. FSC als Aushängeschild für Honig aus verantwortungsvoller Waldwirtschaft habe also durchaus Potenzial. Die Idee fand auch bei Jana Ballenthien Anklang, die darauf verwies, dass die Nachfrage nach Honig ohne Belastung von Pestiziden hoch und die geeigneten Standorte für Bio-Honig oft eine Herausforderung seien. FSC-zertifizierte Betriebe könnten hier eine Nachfrage gut bedienen.

Weiterführende Informationen:

Weitere Auskünfte erteilt das Wald-Team von FSC Deutschland, Kontakt: wald@fsc-deutschland.de.

 

 

Annika Burger