Margarete Wacker, Mitglied der Geschäftsleitung von FSC Deutschland, überreicht der FSC-Gruppe Mittelbrandenburg die Urkunde zum 25-jährigen Jubiläum. © FSC Deutschland
Video: Im Gespräch mit Gruppenleiter Michael Duhr. © FSC Deutschland
FSC im Privatwald: „In einer Gruppe geht es einfacher“
Seit 25 Jahren setzt die FSC-Gruppe Mittelbrandenburg auf Gemeinschaft – und zeigt, wie die FSC-Zertifizierung auch für Kleinprivatwaldbesitzende machbar wird.
Seit dem 1. Oktober 2000 ist die Gruppe Mittelbrandenburg nach den anspruchsvollen Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC) zertifiziert. Zu einer Zeit, als FSC in Deutschland noch recht jung war, schlossen sich sechs private und kommunale Waldbesitzende mit knapp 7000 Hektar Wald zusammen.
Michael Duhr, Leiter der FSC-Waldgruppe, erinnert sich an die Anfänge: „Uns war klar: Eine FSC-Zertifizierung allein ist für kleine Betriebe kaum zu stemmen. Es fehlte an Zeit, Ressourcen und Fachwissen.“ Die Lösung: ein Bündnis. „In der Gruppe konnten wir Standards entwickeln, Prozesse etablieren, interne Audits organisieren – und uns gegenseitig unterstützen“, so Duhr. Für Einzelbetriebe wäre eine Zertifizierung finanziell kaum machbar gewesen: „Bei meinen damals 180 Hektar hätte sich das einfach nicht gerechnet.“
Im Juni 2025 überreichte Margarete Wacker, Teil der Geschäftsleitung von FSC Deutschland, offiziell die Jubiläumsurkunde an Michael Duhr. Ein bedeutender Meilenstein für die verantwortungsvolle Waldwirtschaft in privater Hand.
Kooperation statt Einzelzertifikate
Denn die Zusammensetzung der Gruppe hat sich in den vergangenen Jahren verändert; aktuell besteht sie aus fünf Mitgliedern – allesamt Privatwaldbesitzerinnen und -besitzer. Gemeinsam bewirtschaften sie rund 475 Hektar nach FSC-Standards. Damit sind sie Teil einer großen Eigentümergemeinschaft: Laut Statistischem Bundesamt befinden sich 43 % der deutschen Waldfläche – rund 4,4 Millionen Hektar – in privater Hand, verteilt auf etwa 760.000 Eigentümerinnen und Eigentümer.
Vielfalt als Stärke
In der FSC-Gruppe Mittelbrandenburg sind neben hauptberuflichen Forstleuten unter anderem ein Mediziner, ein Dachdecker, und ein Biologe dabei. „Diese Vielfalt ist eine große Bereicherung“, sagt Duhr. „Sie führt dazu, dass wir Dinge neu denken, einfache Fragen stellen und fachliche Inhalte so aufbereiten, dass sie für alle verständlich sind.“ Die Gruppe setzt daher bewusst auf eine klare, konkrete Sprache. Das erleichtert nicht nur die interne Kommunikation, sondern auch die Außenwirkung.
Positive Rückmeldungen
Ökonomisch hat sich die Zertifizierung bislang kaum ausgezahlt: „FSC bringt uns Privatwaldbesitzenden mit kleiner Fläche wirtschaftlich nichts; wir haben nie deutlich mehr Geld für FSC-Holz bekommen“, erzählt Duhr offen. Die vermarktbaren Mengen seien zu klein, der Markt nehme den Privatwald kaum wahr.
Und doch hat sich der Schritt für ihn gelohnt: „Im Dorf und in der Region hat sich die Wahrnehmung verändert. Die Menschen sehen die Schilder, sie hören von FSC, sie sehen den Unterschied im Wald“, so Duhr. „Wir bekommen viele positive Rückmeldungen: Man ist stolz auf den ‘eigenen Ökowald’. Die Leute verstehen, was wir tun – und warum.“ In Zeiten wachsender Erwartungen an Glaubwürdigkeit und Transparenz sieht Duhr FSC vor allem als kommunikatives Werkzeug: „Es zeigt: Das, was wir tun, hat Hand und Fuß – und wird extern geprüft.“
Zusammenarbeit mit System
Die FSC-Gruppenmitglieder sind über ganz Brandenburg verteilt – vom Havelland im Westen bis kurz vor die polnische Grenze im Osten. Die Zusammenarbeit über die Entfernung hinweg funktioniert dank klarer Abläufe und digitaler Werkzeuge. Die Gruppe nutzt einheitliche Arbeitsaufträge, Apps zur Habitatbaum-Kartierung und einfache Tools zur Flächenerfassung.
Einmal im Jahr treffen sich alle Mitglieder – meist verbunden mit einem internen Audit; also einer Überprüfung eines Betriebes der Gruppe. Dort wird beraten, angepasst, geplant. Viele Neuerungen entstehen in Arbeitsgruppen – zuletzt digitale Formulare für Dienstleister oder einheitliche Dokumentationen. FSC-Mitglied und Gruppenleiter Michael Duhr kommt eine besondere Rolle zu: „Ich versorge die Gruppe mit allen Infos, die sie brauchen, gehe zur FSC-Mitgliederversammlung und bin bei FSC-Prozessen wie der Standardrevision dabei.“
Durch Krisen gewachsen
Doch es lief nicht immer alles rund; die Gruppe hat auch Krisen erlebt: Der Austritt zweier großer Mitglieder führte zu einem drastischen Rückgang der FSC-Fläche. Doch statt aufzugeben, stellte sich die Gruppe neu auf. „Wir mussten unsere internen Strukturen erhalten, trotz weniger Mitglieder und knapperer Ressourcen“, erzählt Duhr. „Das war nicht leicht, aber es hat uns zusammengeschweißt.“ Heute wächst die Gruppe wieder, neue Betriebe kommen hinzu, die Motivation ist groß. Erst vor wenigen Wochen startete der neue Zertifizierungszyklus: fünf weitere Jahre FSC – mit Blick auf das nächste große Ziel: „30 Jahre knacken“.
Ein Modell für die Zukunft
Für Michael Duhr ist klar: Die FSC-Zertifizierung ist auch nach 25 Jahren noch aktuell – vielleicht aktueller denn je: „Angesichts der Klimakrise und wachsender gesellschaftlicher Erwartungen brauchen wir klare, überprüfbare Standards“, sagt er. „Und wir brauchen Instrumente, die zeigen, dass wir Verantwortung übernehmen – freiwillig, aber verbindlich.“
Sein Rat an andere Privatwaldbesitzende: „Überlegt euch, wofür ihr steht. Wenn euch Bodenschutz, Artenvielfalt und Zukunftsfähigkeit wichtig sind – dann macht was und dokumentiert das. Und tut es nicht allein. In einer Gruppe geht es einfacher, effizienter – und man lernt voneinander.“
